Ds erstmau wider am Tiefä!

(Yves Raemy)

Seit Anfang Juni habe ich wieder ein paar leichte Wanderungen unternommen Richtung Muttbach um meine ersten Kristalle in diesem Jahr zu finden. Und auch zu fuss ging es immer besser. Dann mitte August als mein Strahlerfreund Stöfu und seine Freundin Carmen Richtung Tiefengletscher wollten packte es mich, ich dachte jetzt ist die Gelegenheit wider richtig rauf zu kommen. Als ich sie fragte ob sie mich mitnehmen würden lachten sie und sagten: „We du meinsch äs geit de geits ou!“ Ok dann los. Dann kam der Morgen. Ich war leicht nervös, als dann auch noch Bernhard mit kam war mir klar: „jetzt ist es so weit“. Als wir ab dem Tätsch los liefen meinten die andern zu mir: „jetzt bloss nid jufflä!“ Ich habe mit meinen Teleskop-Stöcken einen Blitzstart hingelegt aber wen wundert es, vier Beine sind halt besser als nur zwei!

So wanderten wir Richtung Gletschermoräne, als wir den Anfang des Tiefengletschers erreicht hatten machten wir eine kurze Trinkpause. Ich konnte es kaum erwarten zum erste Mal wieder meine Steigeisen anzuschnallen und als ich meine ersten vier fünf Schritte auf dem Gletscher machte, kam mir ein Jutz über die Lippen! Es war einfach ein super Gefühl! Als wir das steilste Stück gemeistert hatten meinte Stöfu er wüsste noch eine alte Kluft in der Nähe wo wir sicher noch etwas erarbeiten könnten. An der besagten Stelle angekommen, deponierten wir die Rucksäcke auf dem Gletscher und assen eine Kleinigkeit. Wieder gestärkt von der halben Tafel Ovischoggi und dem Tee konnte es weiter gehen. Stöfu stieg zuerst zu der Kluft hinab danach war ich an der reihe, es ging zwei Meter den Gletscherschrund hinunter. Ich kletterte sorgfältig nach unten. Heil angekommen quetschte ich mich in das nasse Loch hinein.

Carmen versorgte uns von oben immer wieder mit Material. Ab und zu konnten wir ihr auch eine Kristallspitze nach oben reichen. Sogar das eine oder andere Grüppchen kam zum Vorschein. Das habe ich in den letzten Monaten vermisst: einen Kristall aus dem Berg zu nehmen ist eines der schönsten Gefühle die es gibt! Als ich wider auf dem Gletscher oben stand und die nassen und dreckigen Kleider ausgezogen hatte, da wurde mir klar was für ein Glück ich hatte, wieder mit meinen Freunden am Tiefengletscher oben zu sein! Ich packte alle Kristalle sorgsam in den Rucksack und stieg danach mit Carmen langsam wieder ab Richtung Tätsch. Stöfu und Bernhard wollten noch ein Rundgang machen. Carmen und ich nahmen es gemütlich, machten noch den einen oder anderen Halt und genossen die Urnerberge aber auch wir kamen beim Auto an.

 

Müde aber überglücklich fuhren wir Richtung Tiefenbach. Einen Besuch bei der Familie Tresch durfte natürlich nicht fehlen. Nach einem gutem Kaffee und einem kurzen Bericht des Tages ging es zurück Richtung Andermatt. Später am Abend als alle im Tal angekommen waren gab es ein gutes Abendessen und wir liessen den Tag mit einem oder zwei Grappa ausklingen. Für mich war das ein wunderbarer Strahlertag, ich war glücklich und zufrieden dass alles so gut gelaufen war und ich meine Berggängigkeit langsam zurück erlange. Ds erstämau wider am Tiefä!

Ich hatte im August 2013 einen schweren Strahlerunfall am Chli Bielenhorn und lag fünf Wochen im Kantonsspital Luzern und anschliessend 8 Monate im Paraplegikerzentrum in Nottwil. Nur dank der grossen Unterstützung meiner Familie und meinen guten Freunden habe ich die Rückkehr geschaft! 

Merci viu mau!
Yves Raemy