Der Sandteufel und die Berg Diamanten

(Yves Raemy)

Ich trage schon lange einen Dzi Stein um den Hals. Den ich einmal von einer tibetischen Familie geschenkt bekommen habe.

Ein Dzi Stein (tibetisch གཟི།; Aussprache „dzi“ oder „gzi“) ist eine Art Steinperle mit unbekannter Herkunft, die als Teil einer Halskette oder eines Armbands getragen wird. Das tibetische Wort „Dzi“ bedeutet „Glanz, Helligkeit, Klarheit, Pracht“. In einigen asiatischen Kulturen, die tibetische eingeschlossen, wird den Perlen eine positive spirituelle Kraft zugeschrieben. Sie werden in der Regel als schützende Amulette getragen und manchmal in gemahlener Form in der traditionellen tibetischen Medizin verwendet. (Wikipedia)

An diesem Abend habe ich die Kette zum Schlafen abgezogen (ich weiss auch nicht wieso). Am nächsten Morgen wollte ich früh los, um mit meinem Kollegen strahlen zu gehen. Ich konnte die Kette nirgendwo mehr finden. Die Katze muss in der Nacht mit dem Dzi Stein gespielt haben. So lief mir die Zeit davon und ich entschloss mich, ohne Kette loszufahren. Ist halb so schlimm, ich bin ja nicht abergläubig. In Reichenbach im Berner Oberland angekommen traf ich mein Kolleg und ich dachte nicht mehr an die Kette.

Wir fuhren noch weiter ins Tal hinein, danach liefen wir los. Wunderbare Naturlandschaft mit vielen wilden Tieren und schönstem Sonnenschein. Ein Tag zum Geniessen und wenn wir Glück haben, finden wir noch einen Fensterquarz. Wir suchten die Gräben nach einer verdächtigen Stelle ab und fanden ein paar kleine Muster. Zum Mittagessen haben wir uns auf dem Grad verabredet. Wir genossen die Sonne und das Picknick aus dem Rucksack. Da endeckten wir eine vielversprechende Stelle gerade unter dem Grad. Wir beendeten die Mittagspause und inspizierten den Felsen. Es sah spannend aus, so dass wir beschlossen, hier zu arbeiten. Mein Freund begann, zu graben und ich stieg auf den Grad zurück, um mehr Werkzeug aus dem dort deponierten Rucksack zu holen. Als ich mich wieder an den Abstieg machen wollte, fiel mir ein kleiner Luftwirbel auf, wie ein kleiner Tornado. Sandteufel nennt sich das Phänomen. Ich habe das noch nie zu vor live gesehen. Es gefiel mir gut und ich beobachtete völlig fasziniert das Geschehen eine Weile. Der Sandteufel nahm mehr Geschwindigkeit auf und hob so immer mehr feine Schieferplatten in die Luft. Ich lachte vor mich hin und wollte meinem Kollegen Bescheid geben, dass er das Naturwunder auch bestaunen konnte. Da kam der Teufel auf mich zu! Ich rannte davon und der Teufel zischte mir hinterher. Ich bewegte mich zick zack auf dem Grad. Der Teufel schien, mir zu folgen. Am Ende des Grades (es ging stotzig bergab!) löste sich der Teufel in der Luft auf. Ich war völlig ausser Atem an der anderen Seite des Grades und sah mein Kollege, der jetzt zum Rucksack aufgestiegen war. Wir trafen uns in der Mitte und ich berichtete ihm, was mir widerfahren war. Er konnte es kaum glauben und meinte nur hier oben gibt es schon noch wilde Geister. Das wurde mir leibhaftig vorgeführt!

Als ich mich erholt hatte, stiegen wir zusammen zu der Arbeitsstelle herunter und durften nach einer Weile dem Berg noch ein paar spezielle Kristalle entlocken. So genannte Berg Diamanten. Doppelender Quarz Kristalle auf dem Schiefer aufgewachsen. Die Berggeister waren grosszügig mit uns. Wir waren sehr zufrieden und machten uns langsam auf den Abstieg ins Tal. Der Rucksack gefüllt mit wunderbaren Erlebnissen und ein paar Kristallen. Am Abend zuhause angekommen habe ich zuhinterst unter meinem Bett den Dzi Stein gefunden. Als ich die Halskette wieder angezogen habe, ist mir noch einmal der Sandteufel in den Sinn gekommen. Mit der Verfolgungsjagd auf dem Grad und ich musste schmunzeln…